Neues Arbeiten - New Work für KMU

von Manfred Kofranek

Neues Arbeiten – ein Begriff, der mittlerweile viele Unternehmen beschäftigt. Er reflektiert, dass sich die Arbeitswelt im Umbruch befindet und damit das Verhältnis zwischen Betrieben und ihren Mitarbeitenden auf eine neue Basis gestellt werden muss.

Die Corona-Pandemie mit ihren Lockdowns und Einschränkungen hat uns deutlich vor Augen geführt, dass früher undenkbare Regelungen wie umfassendes Home-Office unter Druck plötzlich möglich wurden und die Unternehmen dennoch nicht untergegangen sind. Dennoch darf man die Herausforderungen, die damit verbunden sind, keinesfalls unterschätzen.

Bisher wurden die Spielregeln für Mitarbeitende im Rahmen der gesetzliche Bestimmungen im Wesentlichen einseitig von den Betrieben definiert. Nun aber rücken individuelle Bedürfnisse in den Fokus und die Menschen versuchen zunehmend ihren Job selbst zu definieren. Ein wichtiger Vordenker dieser New Work Bewegung war Frithjof Bergmann, der diese Freiheit in der Bestimmung der Arbeitsverhältnisse nicht nur vorhersagte sondern auch einforderte und versucht sowohl Unternehmen wie auch Arbeitnehmer:innen beratend darauf vorzubereiten.

Um besser zu verstehen, was alles auf die Unternehmen zukommt, lohnt sich ein Blick auf das, was früher als das „Normalarbeitsverhältnis“ bezeichnet wurde – ein unbefristeter Arbeitsvertrag mit geregeltem Gehalt, strenge gesetzliche Rahmenregelungen, Arbeitszeiten 40 Stunden wöchentlich, geregelt und in limitiertem Rahmen, Arbeit an einem Arbeitsort (ausgenommen streng reglementierte Dienstreisen), direkte Anweisungen und Kontrolle durch die Vorgesetzten. All dies wird nun in Frage gestellt um die Individualisierung der Arbeitsbeziehungen voranzutreiben. Was Peter Drucker schon vor Jahren für sogenannte „Wissensarbeiter“ gefordert hat, scheint nun für alle Arten von Arbeitsverhältnissen zu gelte – die Unternehmen müssen sich ändern um die Produktivität und Motivation ihrer Mitarbeitenden sicherzustellen.

Bergmann definierte fünf Prinzipien von New Work:

  1. Freiheit (Schaffen von Experimentierräumen, Schaffen einer Kultur der Angstfreiheit)

  2. Selbstverantwortung (Etablieren von Modellen der Selbstorganisation, Etablieren von Beteiligungsmodellen)

  3. Sinn („Arbeit, die man wirklich, wirklich will“)

  4. Entwicklung (Etablieren kollektiver Lernstrukturen, Selbstreflexion der Organisation)

  5. Soziale Verantwortung (Ökologische und soziale Nachhaltigkeit)

In Zeiten von Globalisierung und Digitalisierung bekommen diese Werte wesentliche Bedeutung und alle Unternehmen sind gefordert, diese bei der Gestaltung ihrer individuellen Arbeitsbeziehungen kreativ, aber auch praktikabel umzusetzen. Praktische Beispiele für neue Arbeitsformen sind Freelancing, der 6-Stunden-Tag oder Coworking-Spaces. Zu New Work gehören auch neue Arbeitsformen wie agiles Arbeiten, Work-Life-Blending oder Crowdworking.

Hier werden die wesentlichen Themen, die sich hinter dem Begriff New Work verbergen nur kurz angerissen. Ausführlichere Darstellungen speziell für KMU dazu werden wir in diesem und folgenden Klimaboten geben:

Nutzen für KMU

Die Beschäftigung mit den New Work Themen hat für Unternehmen vor allem den Nutzen, Mitarbeitende auch in Zukunft gewinnen und halten zu können. Damit verbunden sind auch die wesentlichen Faktoren Erfahrung und Know-how. Bedürfnisorientierung ist kein Selbstzweck sondern in Zeiten des Arbeitskräftemangels eine überlebenswichtige Kompetenz, auch für KMU.

Arbeitsverträge

Es gibt mehrere Möglichkeiten aus starren Arbeitsverträgen auszubrechen. Leih- und Zeitarbeit sind vor allem im Niedriglohnsektor weit verbreitet, haben aber einen zweifelhaften Ruf, weil damit oft eine arbeitsrechtliche Schlechterstellung verbunden ist. Freelancing is ein schon länger etabliertes Verfahren um flexibel hochqualifizierte Menschen ohne dauerhaften Arbeitsvertrag zu beschäftigen. Crowdworking nutzt die Möglichkeiten des Internets um rasch und flexibel auf spezialisierte Arbeitskräfte zuzugreifen und in kurzfristig zusammengestellten, flexiblen Teams Projekte umzusetzen. Auf ähnliche Weise werden zunehmend aber auch sogenannte Micro-Jobs mit geringster Bezahlung angeboten.

Arbeitszeitregelungen, Arbeitsort

Der 6-Stunden-Tag ist ein Beispiel, wie versucht wird mit einer Reduktion der Gesamtarbeitszeit produktiver und für die Menschen weniger belastend zu arbeiten. Coworking-Spaces sind Möglichkeiten um Mitarbeitende auch außerhalb des Haupt-Arbeitsortes eine passende Arbeitsumgebung zu bieten und damit Fahrtzeiten und –kosten zu reduzieren. Beim Work-Life-Blending sind Arbeit und Freizeit nicht mehr klar voneinander getrennt. Dies bringt einerseits eine bessere und bedarfsgerechte Verfügbarkeit der Arbeitskräfte, birgt für die Mitarbeitenden aber auch die Gefahr mangelhafter Abgrenzung und von Dauerstress.

Arbeitsorganisation

Agile Organisationen versuchen durch projektartige Arbeitsorganisation und ein hohes Maß an Selbstverantwortung rascher auf neue Herausforderungen zu reagieren. Praktische Anwendung findet dieses Konzept vor allem in Entwicklungsbereichen. Eine neue Form der Unternehmenskultur zu etablieren ist eine Herausforderung, der sich alle Unternehmen stellen müssen, ein Umgang auf Augenhöhe beschreibt diese Kultur vielleicht am prägnantesten. Damit verbunden ist jedenfalls ein neues Führungsverständnis, bei dem nicht mehr der „Vorgesetzte“ sondern Coaching und Leadership die Managementrolle beschreiben.

Moderne Organisationen passen ihre Arbeitsabläufe laufend an veränderte Kunden- und Mitarbeiterbedürfnisse an, ein wesentliches Thema dabei ist die Unterstützung von Kooperation und Kollaboration im und zwischen den Unternehmen, sowohl durch technische als auch organisatorische Maßnahmen. Teamstrukturen werden zunehmend flexibel gestaltet, was aber zur Folge hat das Führung und Teambuilding deutlich erschwert werden. Aktive Gestaltung der innerbetrieblichen Kommunikation ist dafür eine Schlüsselkompetenz. Und um nochmals auf Peter Drucker zurückzukommen – Wissensarbeit, d.h. die Arbeit hochqualifizierter und kreativer Menschen braucht ganz andere Organisationsformen als klassische Routinetätigkeiten.

Partizipation und Mitarbeiterbeteiligung

Demokratisierung wird auch in der neuen Arbeitswelt groß geschrieben, Mitarbeitende sind nicht mehr nur Befehlsempfänger sondern sollen sich aktiv und mit ihrem gesamten Erfahrungswissen in die Entscheidungsprozess einbringen. Unterschiedliche Modelle der Partizipation bis hin zur Beteiligung der Mitarbeitenden am Unternehmen bieten sich dazu an. Damit dies aber auch funktionieren kann braucht es entsprechendes Wissen bei allen Beteiligten, die innerbetriebliche Aus- und Weiterbildung muss dazu neue Felder erschließen, Transparenz im Unternehmen neu definiert werden. Und nicht zuletzt muss auch das Thema der Interessensvertretung neu gedacht werden, sei es durch eine Neudefinition der Rolle des Betriebsrats oder gänzlich andere Modelle der Partizipation.

Sinnstiftung und gesellschaftliche Verantwortung

Arbeit wird in der neuen Arbeitswelt nicht mehr nur als Quelle des Lebensunterhalts verstanden. Die Zeit, die wir mit Arbeit verbringen soll auch sinnstiftend verbracht werden. Identifikation mit den Zielen und dem Zweck des Unternehmens ist dabei genauso wichtig wie das subjektive Empfinden, das das, was ich tue auch etwas Nützliches bewirkt. Dazu gehört auch, dass mögliche negative Wirkungen reduziert werden. Klimaneutrales Arbeiten wäre ein entsprechendes Ziel. Die Unternehmen sind darüber hinaus auch gefordert ein ökologisches Verhalten der Mitarbeitenden zu unterstützen und zu fördern. Erst dadurch wird eine nachhaltige Positionierung des Unternehmens wirklich glaubwürdig.

Rahmenregelungen und Bezahlung

Nicht zuletzt braucht New Work auch entsprechende Rahmenregelungen und eine faire Entlohnung aller Beteiligten. Finanzielle Anreize und sonstige Benefits sind also nach wie vor ein wichtiges Thema. Eine zusätzliche Herausforderung stellt für uns alle dar, dass der rechtliche Rahmen erst langsam an diese neuen Herausforderungen angepasst wird, viele Unternehmen sich daher in einem Graubereich bewegen müssen, der sich zwischen Bedürfnissen und rechtlichen Möglichkeiten auftut.

Es gibt also viel zu tun – packen wir es an…

Im Rahmen des Klimaverbunds werden wir laufend neue Angebote und Lösungen gemeinsam erarbeiten.



Quellen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Normalarbeitsverh%C3%A4ltnis

Peter Drucker, Knowledge Worker Productivity: The biggest challenge; California Management Review, Vol. 41, No.2, 1999


Chance: Kommunikation