Alle an Bord
Erfahrungen mit Mitarbeiter:innenbeteiligung bei X-Net Services GmbH, Linz
von
Katharina Kloiber / Prokuristin und Gesellschafterin &
Nikolaus Dürk / GF
und Gründer
Nach der Wirtschaftskrise 2008, mit dem Aufkommen des Nachhaltigkeitsgedankens
bei der X-Net und inspiriert durch den ersten Nachhaltigkeitsbericht 2013,
wurde das Ziel eines Mitarbeiter:innenbeteiligungsmodells geboren.
Wir recherchierten unterschiedliche Modelle und schauten uns Unternehmen an, die bereits mit Mitarbeiter:innenbeteiligung Erfahrung gesammelt hatten. Keines dieser Modelle traf unsere Bedürfnisse und Anforderungen und wir erkannten rasch, dass wir unser eigenes System entwickeln werden müssen.
Bis heute hätten wir wahrscheinlich noch kein Modell umgesetzt, hätte nicht einer der Hauptgesellschafter der X-Net sich entschieden, das Unternehmen zu verlassen.
In einem Prozess, der etwa ein Jahr dauern sollte, übernahmen sechs der langjährigsten Mitarbeiter:innen die Anteile des ausscheidenden Gesellschafters. Begleitet wurde dieser Prozess durch Klausuren und Workshops, bei denen Beteiligung und Partizipations-Modelle diskutiert wurden.
Alle klassischen Experten (Anwälte, Steuerberater, Banken, …) rieten uns damals davon ab, ein Unternehmen zu siebt zu lenken. Aus deren Sicht würde es unweigerlich zu Problemen kommen.
Im Nachhinein gesehen konnte der X-Net Gesellschaft nichts besseres passieren, als seine Mitarbeiter:innen am Unternehmen zu beteiligen.
„Das Modell“: Ein passendes Gesellschaftsmodell für eigentümergeführte KMUs zu finden ist alles andere als einfach. Zu individuell sind die Voraussetzungen in den unterschiedlichen Unternehmen, wodurch es eigentlich unmöglich ist, dies mit einheitlichen Modellen zu lösen. Natürlich sind wir die Modelle von der Genossenschaft bis zum einfachen Gewinnausschüttungsmodell durchgegangen, aber nichts hat so recht gepasst. Am passendsten schien es für uns, einfach beim GmbH Modell zu bleiben, Nach dem Vorbild von KPNG & CO verwässerten wir daher einfach unsere Anteile.
„Der Weg“: Das Entscheidende ist nicht der tatsächliche Firmenanteil am Unternehmen, sondern die Tatsache der Beteiligung und deren Sichtbarmachung gegenüber dem sozialen Umfeld der neuen Gesellschafter:innen (Partner, Familie, Freunde, …). Ebenso wichtig ist auch die Möglichkeit, sich in das Unternehmen einzubringen und Entscheidungsprozesse mitgestalten zu können. Dieses Modell muss in jedem Unternehmen entstehen und aus sich wachsen und kann nicht durch einen Top-Down Prozess der Führungskräfte erzwungen werden.
Vielmehr müssen Mitarbeiter:innen lernen, Entscheidungen mitzutreffen und mitzutragen. Was zuerst sehr einfach klingt, hat sich bei uns zu einem permanenten Change-Prozess entwickelt.
Wir werden zwar nie das ideale Modell für uns finden, sicher ist aber, dass ein Beteiligungsmodell der Mitarbeiter:innen zukünftig überlebensnotwendig sein wird.
In unserer globalen Gesellschaft steht derzeit alles Kopf und die Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen Rolle wurden schon längst getauscht. Nun müssen wir die Gesellschaftsformen im Kleinen daran anpassen. Dazu braucht es nicht neue Gesellschaftsformen (Verein, Genossenschaft, AG, ...), sondern den Mut, seine eigene Gesellschaftsstruktur zu gestalten.
In unserem Fall sind das mehrere GmbHs, die es ebenso ermöglichen, neben den Mitarbeiter:innen auch Partner:innen an das Unternehmen zu binden.
„Partizipation & Beteiligung“: In der Praxis zeigt sich, dass sich nicht jede:r Mitarbeiter:in in das Unternehmen einbringen oder daran beteiligen möchte. Dieser Umstand ist ebenso in dem Modell zu berücksichtigen. Die Bindung wird bei vielen durch die Partizipation und die Möglichkeit der Mitgestaltung des Arbeitsalltags erreicht. Bei X-Net bilden die Gesellschafter den „Head“, eine Führungsgruppe, die sich in den wesentlichen Entscheidungen mehrmals im Monat abstimmt.
Der Alltag wird in kleinen Führungsgruppen gestemmt. Wichtig dabei ist, dass alle Mitarbeiter:innen sich einbringen können. Dazu müssen auch die passenden Formate geschaffen und permanent optimiert werden.
„Generationenwechsel und Übergabe“: X-Net sieht sich als Generationenunternehmen. Der Führungs- und Beteiligungswechsel im KMU Umfeld stellte in den vergangenen Jahren sehr viele Unternehmen vor existenzielle Bedrohungen: Viele fanden einfach keine Nachfolger:innen. Wie die Mitarbeiter:innenbeteiligung gehört auch der Generationenwechsel über Jahre vorab geplant und es müssen die richtigen Weichen gestellt werden. Oft sind die Vorstellungen der „scheidenden“ Generation nicht mehr zeitgemäß oder kurzfristig nicht finanzierbar. Der Firmenwert ist fiktiv und das Risiko für die junge Generation einfach zu hoch. Hier tun sich Unternehmen mit einer hohen Mitarbeiter:innenbeteiligungsquote bei einem Generationenwechsel wesentlich einfacher.
Die Arbeitszeit nimmt einen Großteil unseres Lebens ein. Viele Menschen verbringen mehr Zeit in der Firma als mit ihrer Familie. Sich an eine Unternehmung zu binden und sie zu tragen, ist derzeit nicht wirklich „sexy“ und steht nicht hoch im Kurs der jüngeren Generationen. KMUs machen aber den überwiegenden Teil unserer Wirtschaftsleistung aus und es braucht daher auch die entsprechenden Anreizmodelle, diese Verantwortung zukünftig zu übernehmen.
Diskutieren wir gemeinsam im Klimaverbund, was wir für die Mitarbeiter:innenbeteiligung und Führung benötigen und wie wir KMU-Betriebe auch zukünftig über Generationen existieren lassen können.